Fragen und Antworten:

Was ist eigentlich… ein Tombstone?

Es sieht tatsächlich ein wenig wie ein Grabstein (Tombstone) aus: SMD-Bauteile richten sich einseitig während des Reflow-Lötens auf – und verlieren somit ihre elektrische Verbindung an einer der beiden Seiten. Wie entsteht dieser Effekt und auf welche Weise kann man ihn verhindern?

Warum ist das Thema wichtig?

Grund­sätz­lich ist ein Tomb­stone eine „Nicht­lö­tung“. Es kommt also auf einer Seite des Bau­teils keine elek­tri­sche Ver­bin­dung zustande, was natür­lich weit­rei­chende Pro­bleme aus­lö­sen kann. Betrof­fen sind zumeist zwei­po­lige Bau­ele­mente (Chips) – manch­mal auch mehr­po­lige. Übri­gens wird die­ser Effekt auch Man­hat­tan- oder Stone­henge-Effekt genannt. Beide Namen pas­sen natür­lich „ins Bild“.

Foto: Das kleine Bau­teil hat sich erkenn­bar leicht aufgerichtet. 

Wodurch entsteht das Ganze?

Zunächst ein­mal liegt es ja auf der Hand, dass man ein Bau­ele­ment nur mit einer phy­si­ka­li­schen Kraft „auf­rich­ten“ kann. Sie muss der jewei­li­gen Gewichts­kraft des betrof­fe­nen Bau­ele­ments bzw. der Schwer­kraft ent­ge­gen­wir­ken – und genau diese Kraft lie­fert die Ober­flä­chen­span­nung des schmelz­flüs­si­gen Lotes: Wenn der Benet­zungs­pro­zess an einem Ende eines Bau­teils schnel­ler abge­schlos­sen ist, wird das andere Ende durch die Kraft der Ober­flä­chen­span­nung nach oben gezo­gen. Die­ser „Time Gap“ kann ver­schie­dene Ursa­chen haben.

Foto: Das AOI-Sys­tem hat den Feh­ler detektiert.

Welche Erscheinungsformen gibt es?

Es gibt viele Vari­an­ten die­ses Effek­tes: Das Bau­teil rich­tet sich kom­plett senk­recht auf (Tomb­stone) – oder ist nur leicht ange­kippt (Draw-Bridge). Außer­dem kann sich das Bau­teil zusätz­lich ver­dre­hen (Ske­wing). Im Übri­gen ist inter­es­sant, dass es auch „Pseudo-Tomb­sto­nes“ gibt:

  • Das Bau­ele­ment wurde bereits seit­lich gekippt bestückt (Bill­board).
  • Das Bau­ele­ment ver­dreht sich wäh­rend des Lötens. Zu große Pads sind häu­fig die Ursache.
  • Das Bau­ele­ment wird (ent­lang sei­ner Längs­achse) ver­scho­ben auf­ge­lö­tet. Auch in die­sem Fall sind feh­ler­hafte Pads für das Pro­blem verantwortlich.

Foto: CT-Auf­nahme eines Tombstones

Was für Einflussgrößen spielen eine wichtige Rolle?

Wer ein Ursa­che-Wir­kungs-Dia­gramm zu die­sem Thema anle­gen will, muss sehr viele Fak­to­ren beach­ten – von den Eigen­schaf­ten der Lei­ter­platte über das Ref­low-Löt­pro­fil bis zum Ver­hal­ten des Lots und dem Benet­zungs­ver­hal­ten des Bau­ele­ments. Zudem gibt es diverse Wech­sel­wir­kun­gen zwi­schen die­sen Ein­fluss­grö­ßen. Es ist also viel Sorg­falt und Ana­lyse nötig, um Tomb­stone-Feh­ler zu ver­mei­den. Einige fun­da­men­tale Aus­sa­gen tref­fen aller­dings meist zu:

  • Mit zuneh­men­den Gewicht eines Bau­ele­ments nimmt das Tomb­stone-Risiko ab.
  • Bei Bot­tom Ter­mi­na­ted Com­pon­ents (BTC) (mit nach unten gerich­te­ten Kraft­vek­to­ren) zei­gen sich keine Tombstones.
  • Das Tomb­stone-Risiko steigt mit zuneh­men­der Pad­länge (die vor dem Anschluss her­aus­ragt) an.
  • Mit zuneh­men­der Ober­flä­chen­span­nung wächst das Tombstone-Risiko.
  • Unter­schied­lich große Anschluss­flä­chen (ther­mi­sche Mas­sen) bei Lei­ter­platte und Bau­ele­ment nei­gen zu Tombstones.

Auf welche Strategien gegen Tombstones kommt es an?

1. Das Bau­ele­ment: Kleine und höhere Bau­ele­mente sind beson­ders anfäl­lig für den Tomb­stone-Effekt. Also ist es wich­tig, beim Aus­tausch auf die Bau­teil­geo­me­trie zu ach­ten. Außer­dem sollte das Finish keine Stör­stel­len auf­wei­sen.
2. Die Lei­ter­platte: Ver­mei­den Sie zu große Pads. Im Übri­gen sollte man die ther­mi­sche Anbin­dung sei­ten­gleich gestal­ten – kon­kret heißt das: für eine sei­ten­glei­che Mas­sen­an­bin­dung sor­gen. Das Finish muss gut benetz­bar auf bei­den Sei­ten des Pad-Paa­res sein.
3. Die Lot­paste: In die­sem The­men­feld dreht sich vie­les um das Benet­zungs­ver­hal­ten, wobei es sogar soge­nannte „Anti-Tomb­stone-Pas­ten“ gibt – aber Ach­tung: Die gesamte Bau­gruppe wird davon beein­flusst.
4. Der Druck: Es ist wich­tig, dass ein gleich­mä­ßi­ges Pas­ten­vo­lu­men auf­ge­bracht wird. Außer­dem sollte man jeden Ver­satz wäh­rend des Drucks ver­mei­den.
5. Die Bestü­ckung: Jeder Bestück­ver­satz sollte ver­mie­den wer­den.
6. Das Ref­low­lö­ten: Hier sollte man diverse Regeln beach­ten. Dazu gehö­ren lineare Pro­file (Gra­di­ent beim Über­gang in den Liqui­dus flach hal­ten), die rich­tige Stick­stoff-Atmo­sphäre (O2-Gehalt ggf. erhö­hen) und eine prä­zise Trans­port­ge­schwin­dig­keit (klei­nere Geschwin­dig­kei­ten ver­län­gern die Vor­hei­zung und för­dern die Durch­wär­mung). Nut­zen Sie soweit vor­han­den auch die Unter­hei­zung, um die Wär­me­ver­tei­lung zu homogenisieren.

Foto:  Lami­no­gra­fie-Auf­nah­men des Tombstone-Problems

Sie möch­ten mehr erfah­ren über Tomb­sto­nes und wie man sie ver­hin­dern kann? Hier haben wir einen wis­sen­schaft­li­chen Basis­text zusammengestellt.