Fragen und Antworten:

Wie funktioniert eigentlich… der Lotpastendruck?

Der Lotpastendruck gehört zu den zentralen Prozessen in der Elektronikfertigung. Er legt den Grundstein für Qualität – noch bevor das erste Bauteil bestückt oder gelötet ist.

Wie funktioniert der Lotpastendruck?

Anfang der 1980er Jahre ver­brei­tete sich welt­weit die Ref­low­löt­tech­no­lo­gie für Sur­face Mount Devices (SMD). Für die ganz­heit­li­che Tech­no­lo­gie ent­stan­den in der Folge neue Bau­ele­mente, Mate­ria­lien und Fer­ti­gungs­ver­fah­ren – wobei die Lot­paste eine Art von „Schlüs­sel­ma­te­rial“ dar­stellt. Sie wird mit­hilfe des soge­nann­ten Pas­ten­drucks auf die Lei­ter­platte auf­ge­bracht. Anschlie­ßend befin­det sich das Lot an den rich­ti­gen Stel­len – also dort, wo Bau­ele­ment und Lei­ter­platte mit­ein­an­der ver­bun­den werden.

Foto: Wäh­rend des Drucks rollt ein Rakel die Lot­paste über die Schablone.

Welche Materialien und Ausrüstungen kommen zum Einsatz?

1. Lot­paste

Die Lot­paste besitzt beson­dere Eigen­schaf­ten, die für den Druck­pro­zess und das Ref­low­lö­ten unver­zicht­bar sind. Hierzu gehö­ren unter anderem:

  • Das Legie­rungs­me­tall: Die Legie­rung defi­niert den Schmelz­punkt und sorgt für die Zuver­läs­sig­keit einer Löt­stelle. Außer­dem beein­flus­sen Korn­größe, Geo­me­trie und Ver­tei­lung der Metall-Kör­ner das gesamte Druck­ver­hal­ten. Der Metall­ge­halt ist ent­schei­dend für das spä­tere Lotvolumen.
  • Die che­mi­sche For­mu­lie­rung: Sie prägt das Benet­zungs- und Fließ­ver­hal­ten und ver­än­dert durch Rück­stände (Resi­dues) das Kor­ro­si­ons­ver­hal­ten der Baugruppe.
  • Vis­ko­si­tät und Thixo­tro­pie: Sie bestim­men über das Ver­hält­nis zwi­schen Druck­ver­hal­ten und Steh­ver­mö­gen der Paste – und damit über das Risiko des „Slum­ping“ (Aus­ein­an­der­flie­ßen).
  • Die Kleb­kraft: Sie sorgt dafür, dass Bau­ele­mente sicher auf den Pas­ten­de­pots haf­ten – eine Grund­vor­aus­set­zung für die SMD-Bestückung.

Foto: Lot­kör­ner unter dem Mikroskop

2. Scha­blone oder Sieb

Grund­sätz­lich kommt eine Scha­blone oder ein Sieb zum Ein­satz. Ers­te­res besteht aus einem dün­nen Metall­blech – zumeist aus Edel­stahl – mit einer Viel­zahl von Öff­nun­gen (Aper­tu­ren), durch die Lot­paste hin­durch gedrückt wird. Im Unter­schied dazu besteht das Sieb aus einem Draht- oder Poly­mer­ge­flecht – inklu­sive einer Kunst­stoff­maske mit Aper­tu­ren. In der Ref­low­löt­tech­no­lo­gie haben sich Metall­scha­blo­nen durch­ge­setzt, da sie für höchste Prä­zi­sion (etwa im Fine-Pitch-Bereich) sor­gen. Siebe fin­den vor allem dort Anwen­dung, wo große Pas­ten­men­gen über­tra­gen wer­den – etwa bei Solarzellen. 

Foto: Eine Scha­blone von Kraus Hardware

3. Equip­ment

Je nach Pro­duk­ti­ons­vo­lu­men kom­men Off­line- oder Inline-Druck­sys­teme zum Ein­satz. Bei Kraus Hard­ware ist ein ERSA VERSAPRINT-MP‑1 Sys­tem im Ein­satz. Es ver­fügt über eine inte­grierte 2D-Pas­ten­in­spek­tion (SPI), das stan­dard­mä­ßig zum Ein­satz kommt. Zudem ver­fügt das Unter­neh­men über das 3D-SPI-Off­line-Sys­tem  – für beson­dere Här­te­fälle. Es ermög­licht die Früh­erken­nung von Fehl­dru­cken und ver­bes­sert den First Pass Yield (FPY) signifikant.

Ein wei­te­rer Qua­li­täts­fak­tor bei Kraus Hard­ware ist die auto­ma­ti­sche Scha­blo­nen­rei­ni­gung im Druck­sys­tem: Pas­ten­reste in den Aper­tu­ren und auf der Ober­flä­che der Scha­blone wer­den regel­mä­ßig mit che­mi­schen Löse­mit­teln und Rei­ni­gungs­tü­chern ent­fernt. Dabei erfolgt der Pro­zess zyklisch oder am Ende der Bestü­ckung, so dass stets sau­bere Scha­blo­nen für den nächs­ten Auf­trag bereitstehen.

Foto: Das ERSA VERSAPRINT MP-S1 von Kraus Hard­ware im Einsatz

Wie läuft der Prozess ab?

Zunächst spannt man die Scha­blone im Druck­sys­tem ein und rich­tet sie exakt zur Lei­ter­platte aus. Dafür gibt es in den Anla­gen unter­schied­li­che Hil­fe­sys­teme. Außer­dem wird die Lot­paste sorg­fäl­tig auf­be­rei­tet bzw. geschmei­dig gerührt, um eine homo­gene Kon­sis­tenz zu gewähr­leis­ten. Anschlie­ßend kann man sie manu­ell auf­tra­gen – wobei je nach Druck­sys­tem auch Kar­tu­schen zum Ein­satz kommen.

Wäh­rend des Drucks rollt ein Rakel die Lot­paste über die Scha­blone. Das sorgt einer­seits für die gleich­mä­ßige Durch­mi­schung der Paste und ande­rer­seits für ein voll­stän­di­ges Fül­len der Aper­tu­ren. Inter­es­sant dabei: Auch die runde Geo­me­trie der Lot­pas­ten-Kör­ner unter­stützt die­sen Vor­gang – wobei es darum geht, die Paste nicht über die Scha­blone zu „schie­ben“.  Dar­über hin­aus beein­flus­sen Para­me­ter wie Rakel­kraft und ‑win­kel, Druck­ge­schwin­dig­keit sowie Abheb- und Trenn­ge­schwin­dig­keit das Ergeb­nis. Außer­dem wich­tig: Die Scha­blone liegt plan auf der Lei­ter­platte, was eine per­fekte Abdich­tung zwi­schen Pad und Aper­tur gewährleistet.

Nach dem Druck hebt die Scha­blone von der Lei­ter­platte ab, wobei sich die Lot­paste aus den Aper­tu­ren löst. Die bedruckte Lei­ter­platte ver­lässt das Druck­nest, eine unbe­druckte Lei­ter­platte fährt auto­ma­tisch ein und der Druck­pro­zess beginnt von Neuem.

Foto: Per­fekt bedruck­tes BGA-Layout

Welchen Einfluss hat der Lotpastendruck auf die Qualität der Baugruppe?

Der Ein­fluss ist groß – schließ­lich stellt die Lot­paste das wesent­li­che Ver­bin­dungs­ele­ment (Lot) zur Ver­fü­gung. Und das heißt im Umkehr­schluss: Unzu­rei­chende oder über­mä­ßige Lot­men­gen haben einen unmit­tel­ba­ren Ein­fluss auf die Zuver­läs­sig­keit der Bau­gruppe. Übri­gens sollte man an die­ser Stelle die Lot­paste nicht mit dem fes­ten Lot ver­wech­seln, da sie einen gro­ßen Volu­men­an­teil an Che­mie ent­hält (bis zu 50 %). Das homo­gene Lot­me­tall­vo­lu­men ent­steht also erst durch den Reflowlötprozess!

Im Übri­gen betrifft der simul­tane Lot­pas­ten­druck stets die gesamte Lei­ter­platte bzw. den Lei­ter­plat­ten-Nut­zen. Des­halb wir­ken sich kleine Feh­ler (etwa nicht vor­han­de­nes Lot­pas­ten­de­po­sit wegen eines man­gel­haf­ten Pas­ten-Aus­lö­se­pro­zes­ses) glo­bal aus. Typi­sche Feh­ler­bil­der sind dabei:

  • Nicht­lö­tun­gen (opens) auf­grund eines feh­len­des Lotpastendepot
  • Unter­be­lo­tun­gen (less solder) wegen eines man­gel­haf­ten Rakel­drucks und unzu­rei­chen­den Lotpastendepots
  • Lot­brü­cken (bridges) wegen des man­gel­haf­ten Rakel­drucks (dog tails), bei Ver­satz oder durch eine ver­schmierte Lotpaste
  • Lot­per­len (solder balls) bei ver­schmier­ter Lotpaste

Foto: Ver­schmierte Lotpaste 

Gibt es Alternativen zum Lotpastendruck?

Es gibt andere Ver­fah­ren für den Lot­pas­ten­trans­fer. Dazu gehö­ren das Dis­pen­sen und das Jet­ten. Als hoch­pro­duk­ti­ves simul­ta­nes Ver­fah­ren domi­niert der Scha­blo­nen­druck aber welt­weit im Markt.

Foto: Eine wei­tere Scha­blone von Kraus Hardware