Fragen und Antworten:
Wie funktioniert eigentlich… Dampfphasenlöten?
Kondensierter Dampf überträgt Wärme – so einfach lässt sich das Grundprinzip des Dampfphasenlötens auf den Punkt bringen. Der Ansatz führt zu einer ganzen Reihe von beeindruckenden Vorteilen. Was zeichnet das Verfahren im Detail aus?
Wie funktioniert das Verfahren?
Die Technik basiert auf dem Prinzip des Phasenwechsels, wobei hier gasförmiger Dampf in einen flüssigen Zustand wechselt. Als Trägermedium kommt zumeist Galden zum Einsatz: Die spezielle Flüssigkeit wird zunächst zum Sieden gebracht und es entsteht Gas, das auf eine kalte Baugruppe trifft (und somit wieder abkühlt). Beim anschließenden Übergang in den flüssigen Aggregatzustand wird latente Wärme – also Energie – freigesetzt. Das sorgt für die nötige Löttemperatur.
Wer hat’s erfunden?
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Tauch- und Injektionsverfahren – mit jeweils eigener Geschichte: Ersteres geht auf Robert Pfahl und Hans Ammann zurück, die 1973 nach einer gleichmäßigen Wärmeübertragung für das Löten suchten. Dazu erwärmen sie Flüssigkeit in einem Topf und tauchen die zu lötenden Baugruppen in die entstehende Dampfschicht ein. Das Injektionsverfahren basiert auf zwei parallelen Entwicklungen. So schlägt Jean-Paul Garidel in seinem Patent eine hermetisch abgeschlossene und beheizte Prozesskammer vor, in die eine Baugruppe horizontal einfährt. Anschließend injiziert man eine bestimmte Menge Flüssigkeit, die auf dem Prozesskammerboden verdampft. Beim Patent von Johannes Rehm und Hans Bell entsteht der Dampf außerhalb einer Prozesskammer und wird anschließend in die Prozesskammer injiziert.
Foto: Blick in die Prozesskammer
Was zeichnet das Dampfphasenlöten im Detail aus?
1. Die Anordnung: Die Lötanlage verfügt über eine gasdichte Prozesskammer mit beheizten Wänden. Das Prozessmedium befindet sich in einem Vorratstank, der über eine Dosierpumpe mit der Prozesskammer verbunden ist. Die Baugruppen werden auf einem Warenträger positioniert, der in die Prozesskammer einfährt. Anschließend beginnt der Injektionsprozess, wobei man zusätzlich ein Vakuum in der Kammer erzeugen kann.
2. Das Verfahren: Während des Phasenwechsels (flüssig – gasförmig – flüssig) bleibt die Temperatur der Umgebung konstant – bei Einsatz von Galden HS240 beträgt sie 240 Grad Celsius. Folglich erreicht auch die Baugruppe keine höhere Temperatur. Eine Überhitzung ist ausgeschlossen.
3. Die Steuerung: Per Galden-Injektion lassen sich unterschiedliche Reflow-Profile umsetzen – auf eine präzise Steuerung kommt es dabei an. Nachfolgende Grafik zeigt ein typisches Reflow-Profil mit adaptiertem Vakuum-Prozessschritt. Der Unterdruck in der Kammerumgebung erleichtert es den Gasen (Poren), einfacher aus dem schmelzflüssigen Lot auszugasen.
Foto: Die Prozessschritte im Überblick
Wo kommt das Dampfphasenlöten zum Einsatz?
In früheren Jahren setzten Anwender in der Luft- und Raumfahrt, bei militärischen Applikationen und in der Medizintechnik bevorzugt auf diese Technologie – mittlerweile gibt es aber keine speziellen Anwendungsbereiche, die in diesem Kontext hervorstechen. Insgesamt werden nur ca. fünf Prozent der weltweiten Reflow-Lötverfahren per Dampfphase ausgeführt. Aufgrund der guten Lötergebnisse kommt bei Kraus Hardware eine Dampfphase-Batchanlage als Allround-Lösung zum Einsatz.
Welche Vorteile eröffnen sich?
Die Wirksamkeit der Wärmeübertragung beim Dampfphasenlösten ist um einen Faktor 4 bis 10 höher als beim Konvektionslöten. Außerdem erreicht der Dampf jeden Ort auf der Baugruppe – inklusive einer homogenen Wärmeübertragung. In der Folge messen Experten nur sehr kleine Temperaturunterschiede auf der Baugruppe. Das gilt auch bei Baugruppen mit großen Massen und verschiedenen Designs (z.B. große Bauhöhe).
Dazu kommt noch ein entscheidender Pluspunkt: Die konstante Kondensationstemperatur begrenzt die maximale Prozesstemperatur – sie entspricht der Siedetemperatur des Prozessmediums. Außerdem verdampft Galden ohne Rückstand und nimmt dabei sogar einen Teil der Flux-Rückstände der Lotpaste mit. Das sorgt für eine saubere Baugruppe. Im Übrigen ist Galden ein inertes Medium ohne Oxidation oder Korrosion (vergleichbar mit Löten unter Stickstoff). Und: Der Vakuumprozess lässt sich (bei Einsatz einer vakuumgerechte Prozesskammer) verhältnismäßig einfach integrieren – für ein poren- und void-freies Löten.
Foto: Flächenlötung mit Vakuum (links) und ohne Vakuum – Voids sind jeweils rot markiert. Die Vorteile des Vakuum-Verfahrens werden sehr deutlich.
Sie möchten mehr erfahren über die Grundprinzipien des Dampfphasenlötens und wie man in diesem Feld Qualität sicherstellt? Hier haben wir einen wissenschaftlichen Basistext zusammengestellt.